Eine kurze Geschichte der Bürger-Schützen-Gesellschaft
Die Bürger-Schützen-Gesellschaft von 1392 Göttingen e.V. blickt mittlerweile auf eine mehr als 625-jährige Geschichte zurück und ist heute die älteste Bürgertradition der Stadt Göttingen.
Wie in vielen anderen Städten bildete sich im Mittelalter auch in Göttingen eine Schützen-Gesellschaft. Die Hauptaufgabe der Schützen war es als leichte schnell bewegliche Infanterie des Bürgeraufgebotes, die Bekämpfung des Raubritterunwesens zu übernehmen. Gefördert durch Städtebündnisse fand eine Zusammenarbeit mit benachbarten Schützen-Gesellschaften statt, woraus sich gegenseitige Einladungen zu Schießwettkämpfen und freundschaftliche Beziehungen entwickelten, die Jahrhunderte überdauerten.
Schwer litt Göttingen im Dreißigjährigen Kriege, in dem es viermal belagert wurde. In den Reihen der Verteidiger sind 90 - 95 % der aktiven Schützen gefallen. der Aufbau nach dem Krieg war schwierig und langwierig.
Schützenhaus und Scheibenstände
auf der Masch um 1610
Schütze mit Handfeuerrohr
um 1405
Die Schützengesellschaft warb zwar neue Mitglieder, suchte sie aber dennoch sorgfältig aus. Sie mussten das Bürgerrecht haben, einen ehrbaren Beruf ausüben und durften nicht vorbestraft sein. Es war nicht nur eine Ehre, Schütze zu sein, alle waren auch gleichberechtigt und wählten aus Ihrer Mitte die Schaffer, wie überhaupt das Schützenwesen von Anbeginn starke demokratische Züge aufwies.
Im Siebenjährigen Krieg von 1756-63 stellten die Schützen Freikorps auf, deren Offiziere von den Mannschaften gewählt wurden, damals eine unerhörte Neuerung. Nach dem Sturz Napoleons gab es in der Göttinger Bürgerwehr 1848 eine Kompanie, die nur aus Schützen bestand, aus der 1857 die moderne Bürger - Schützen - Gesellschaft hervorging. Da in der Kommunalpolitik die Parteien bis 1918 keine Rolle spielten, hatten die Schützenvereine neben ihrer gesellschaftlichen auch eine politische Funktion. Jede Kommunalwahl brachte einige Schützen in den Rat.
Die alte militärische Bedeutung des Schützenwesens verschwand mit der Einführung der Wehrpflicht völlig. An ihre Stelle trat der früher unbekannte Begriff des Schießsports. Auch die Göttinger Vereine schlossen sich dieser Entwicklung an.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Schützenvereine nach und nach aufgelöst, bzw. mit den nationalsozialistischen Organisationen gleichgeschaltet, denn ein demokratisches Schützenwesen widersprach dem Führerprinzip völlig.
Nach dem Ende des Krieges wurde durch britische Militärregierung im August 1946 das Schützenwesen aufgelöst. Erst gegen Ende des Jahres 1948 war sie bereit, Schützenvereine wieder zuzulassen - natürlich nur als reine Sportschützen. 1949 folgte das erste Schützenfest nach dem Kriege, bei dem natürlich auch ein Schützenkönig proklamiert werden sollte. Da die britische Kommandatur nach wie vor den ausdrücklich den Gebrauch von Gewehren untersagte, folgerte das damalige Schafferamt, dass zwar Gewehre verboten, Schusswaffen aber erlaubt seien. Also wurde von einem Museum eine Armbrust beschafft und hiermit ein Schützenkönig ausgeschossen. Im Folgejahr wurde das Kleinkalibergewehr zugelassen.
Seit dieser Zeit hat sich das Göttinger Schützenwesen sehr positiv entwickelt. Der Bürger-Schützen-Gesellschaft von 1392 Göttingen e.V. gehören mittlerweile 17 Vereine mit insgesamt etwa 1.200 Schützinnen und Schützen an, die alle Mitglied im Deutschen Schützenbund sind und ihre Wettbewerbe nach dessen Regeln austragen.
Die gute Verbundenheit zu der Stadt Göttingen wird dadurch dokumentiert, dass der jeweils gewählte Oberbürgermeister
z.Z. Herr Rolf Georg Köhler) und der erste Vertreter des Rates der Stadt gleichzeitig mit ihrem politischen Mandat das Amt der Schützenherren ausüben.
Quelle: Dr. Günther Meinhart "600 Jahre Bürger-Schützen-Gesellschaft Göttingen"